Verfasst am
11
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August
2018

Fahrradtour: Berlins Szenebezirke

Zwei Dinge, die gerade total im Trend liegen: Richtig – Fahrradfahren und Berlin! Zwischen Singlespeed-Fixies und Vintage-Cruisern ist aus dem schnöden Fortbewegungsmittel aus Blech eine echte Hipster-Angelegenheit geworden. Und dass Berlin längst zu den angesagtesten Metropolen der Welt gehört, dürfte ebenfalls kein Geheimnis mehr sein. Was läge also näher, als auf dem Rücken des Drahtesels die hippe Hauptstadt zu erkunden? Doch obwohl der Streetstyle Berlins, die Cafés, Clubs, Galerien und Fashion-Boutiquen der Spreeperle zweifelsohne den Traum jedes stilbewussten Backpackers darstellen, ist die vielbesungene “Szene” Berlins nicht immer ganz so einfach zu finden. Gut dass ihr uns habt! Wir vom Industriepalast Hostel Berlin haben uns auf den Sattel geschwungen und haben für euch eine Fahrradtour durch die Szenebezirke Berlins entwickelt. Durch den Partykiez in Friedrichshain zum Yuppie-Paradies Prenzlauer Berg, bis ins Herz der Kunst- und Fashionszene in Mitte; dann weiter ins punkig-alternative Kreuzberg und DEN Hipster-Bezirk schlechthin: Neukölln. Rund 24 Kilometer lang ist unsere Rundtour durch das Angesagteste, was die Hauptstadt zu bieten hat, und mit Kaffeepausen, Selfies und Snacks sollte euch der Ausflug drei bis vier Stunden beschäftigen.

Die komplette Tour mit Karte und GPS-Wegpunkten findet ihr auf Bikemap:

Techno und Straßenkunst: Friedrichshain

Wir beginnen unsere Tour natürlich am Industriepalast Hostel. Die Warschauer Straße ist geradezu ein Mythos, weil sich hier die besten Techno-Clubs Europas und eine spannende, international geprägte Straßenkultur begegnen. Vorbei an Straßenkünstlern und Skatern biegen wir am RAW-Gelände in die Revaler Straße ab und durchqueren auf dem Weg zum von Cafés und Kneipen umgarnten Boxhagener Platz die Nightlife-Meile Simon-Dach-Straße. Unterwegs begegnen uns kleine Modelabels, Skateshops, Tattoo-Studios und natürlich die berühmten Berliner Spätis. Ab dem Frankfurter Tor folgen wir den beeindruckenden Stalin-Bauten bis zum Strausberger Platz. Hier biegen wir ab und an unscheinbaren Plattenbauten vorbei umfahren wir nördlich den Alexanderplatz auf dem Weg Richtung Rosa-Luxemburg-Platz.

Yuppies und Cafékultur: Prenzlauer Berg

Hier am Rosa-Luxemburg-Platz erwartet uns die Volksbühne, traditionsreiches Avantgarde-Theater der DDR und vor kurzem Austragungsort eines fast schon brutalen Kulturkampfes zwischen Theater-Legende Frank Castorf und der neuen Intendanz. Jetzt heißt es in die Pedale treten, denn wir strampeln entlang der Schönhauser Allee wortwörtlich den Prenzlauer Berg hinauf. Hier sind wir mitten in dem von zugezogenen Yuppies (sog. “Schwaben”) geprägten Kollwitzkiez. Rechts erwartet uns einer der kulturell bedeutsamsten Orte Berliner Gegenwartskultur: Die Kulturbrauerei. Kinos, Theater, Nachtclubs, Street-Food-Märkte und Veranstaltungszentren machen die ehemals weltgrößte Lagerbierbrauerei (Stand: 1920) heute zu einem der (lebens-)künstlerischen Zentren der Hauptstadt. An der Eberswalder Straße angekommen gönnen wir uns am besten die berühmteste Ost-Currywurst bei Konnopke’s Imbiss. An Sonntagen muss hier unbedingt ein Abstecher zu Berlins größtem Szene-Flohmarkt am Mauerpark drin sein. In jedem Fall wenden wir uns wieder grob nach Süden in die Kastanienallee. Hier sieht Berlin aus wie Paris, dazu gibt es zahlreiche schöne Cafés, kleine Boutiquen und den bekannten Pratergarten. Den Berg wieder hinab fahren wir auf den Weingärtnerpark oberhalb des Rosenthaler Platzes zu, wo uns französische Cafés, Weinlokale, das alternative Kulturzentrum ACUD sowie das Besetzer-Haus Brunnen7 erwarten. Vorsicht an der großen, unübersichtlichen Kreuzung!

Kunst und Kohle: Mitte

Einmal über die Torstraße mit ihren Expat-Bars, Dönerläden und Musik-Kneipen hinweg, ändert sich das Bild und wir sind in Berlin Mitte. Auf der Linienstraße lohnt sich ein kurzer Abstecher hinüber zur Auguststraße, wo ungefähr jedes zweite Gebäude eine Galerie im Edgeschoss hat, und wo mit Clärchens Ballhaus ein wenig Lebensgefühl der 20er-Jahre überlebt hat. Wir steuern auf die Oranienburger Straße zu, passieren das ehemalige Kunsthaus Tacheles, einstmals Zentrum der Berliner Hausbesetzer-Szene, und erkennen an den goldenen Kuppeln der Neuen Synagoge, das wir mitten im Jüdischen Berlin sind. Hier lohnt es sich, ein paar koschere Snacks zu kosten, bevor wir schließlich am Hackeschen Markt ankommen. Hier ruhig das Fahrrad eine Zeit lang parken und zu Fuß das angesagte Shopping-Areal rund um die Hackeschen Höfe erkunden. Vom James-Simon-Park aus erhaschen wir einen guten Blick hinüber zur Museumsinsel und radeln dann am Fernsehturm vorbei der Spandauer Straße folgend (unbedingt auf die Streetart-Manatis auf der linken Seite achten!) Richtung Kreuzberg.

Alternativkultur: Kreuzberg

An der Jannowitzbrücke überqueren wir die Spree und finden uns kurz darauf an einem gigantischen Kreisverkehr. Hier am Moritzplatz mit dem Guerilla-Gardening-Projekt Prinzessinengarten nähern wir uns dem Herz des berühmt-berüchtigten Bezirks alternativer Untergrundkultur in Westberlin: Kreuzberg 36. Über den Oranienplatz – immer wieder politischer Brennpunkt – folgen wir der Oranienstraße und können uns gar nicht sattsehen an Kneipen, Bars, Cafés, arabischen und türkischen Restaurants, Tattoo-Studios, Plattenläden, und, und, und. Noch einmal Abbiegen und wir stehen am Kottbusser Tor, DEM sozialen Brennpunkt der deutschen Hauptstadt. Wo am 1. Mai die Demos wüten und konservative Panik-Medien “den gefährlichsten Platz Deutschlands” (für TV-Sender Sat1 vielleicht) wittern halten wir uns nach Süden und fahren bis zum wunderschön von Weiden und Altbaufassaden gesäumten Landwehrkanal.

Multi-Kulti und Hipster: Neukölln

Zwei Drittel der Tour sind geschafft, und jetzt seid ihr da, wo sich halb London und New York hinträumen; dem Trendigsten, was die Gentrifizierungs-Hauptstadt zu bieten hat, dem Hipsterparadies der Hipsterparadiese, wo Avocado-Toast auf den Bäumen wächst und die Flüsse aus Chai Latte bestehen: Neukölln. Zunächst werdet ihr überrascht sein, denn hier zwischen “Kotti” und Hermannplatz machen sich vor allem der arabische und türkische Einfluss in Berlin bemerkbar. Weil es hier mehr Falafel- und Dönerläden, türkische Supermärkte und Baklavaci gibt als sonst irgendwo, spricht so mancher hier sogar von “Little Istanbul”. Wir lassen die bunt erleuchteten Spielhöllen am Straßenrand liegen, genau wie eine Kneipe, die seit 1979 rund um die Uhr, pausenlos geöffnet hat (“Schlawinchen”), und radeln nach Süden. Kurz vorm Hermannplatz drehen wir ab und radeln durch den angesagten Graefekiez bis zum französisch anmutenden Südstern. Am Marihuana-Umschlagplatz Hasenheide vorbei ist es jetzt nur noch ein Katzensprung bis zum Tempelhofer Feld. Der verlassene Flughafen mitten in der Stadt ist eine einzigartige urbane Pause – Longboarder, Rennradfahrer und andere Sportler nutzen hier die großen Freiflächen und stillgelegten Landebahnen aus, spanische Hipster grillen neben türkischen Großfamilien und französischen Erasmus-Student*innen und die steife Brise pustet hier so angenehm frische Luft in die Stadt, dass jeder Ausflug zum Kurzurlaub wird. Wir nehmen den östlichen Parkausgang und folgen der kopfsteingepflasterten Herrfurthstraße, wo gemütliche Eiscafés neben türkisch geführten Wettbüros stehen, bis uns die breite Hermannstraße wieder zurück Richtung Hermannplatz führt. Kurz davor biegen wir jedoch in die Flughafenstraße (vorsicht, abschüssig!) ein und nähern uns über Nebenstraßen zunächst der Karl-Marx-Straße und schließlich dem Herz Neuköllns – der Sonnenallee. Die ist nicht nur Bühne des gleichnamigen Kult-Films von Leander Haußmann, sondern in seiner multikulturellen Durchmischung, den schönen, teils noch unsanierten Altbauten und dem regen Straßenleben der Inbegriff Neuköllner Kiez-Kultur. Nocheinmal biegen wir ab, diesmal in die Pannierstraße. Szenekneipen, Vintage-Boutiquen und kleine Plattenläden verraten: Ihr seid jetzt im beliebten Reuterkiez rund um die Weserstraße. Die Gegend bis zum Maybachufer heißt ob ihrer Lage zwischen zwei Bezirken im Volksmund Kreuzkölln und hat sich innerhalb eines Jahrzehnts vom sozialen Brennpunkt zum angesagten Yuppie-Viertel entwickelt – Grund genug eine der vielen Tapas-Bars oder Third-Wave-Coffeeshops auszuprobieren.

Osterweiterung: Ein Hauch von Treptow

Auf der anderen Seite des Landwehrkanals seid ihr wieder in Kreuzberg, und hier erwartet euch mit dem Görlitzer Park einer der umstrittensten Urbanräume der Hauptstadt: Beliebt als Nachbarschafts-Treffpunkt, Grillplatz, Kinderspielplatz und Straßenkunst-Hotspot, machte die Grünfläche auf dem Gelände des im zweiten Weltkriegs zerstörten Görlitzer Bahnhofs als Drogenumschlagplatz und damit verbundener restriktiver Polizeigewalt immer wieder Schlagzeilen. Ein kurzer Abstecher nach Osten bringt euch zum Kanaldreieck, einem fast schon unwirklich friedlichen und grünen Ort am Dreiländereck Kreuzberg-Neukölln-Treptow. Am Kanalufer entlang geht es nach Norden, bis auf der gegenüberliegenden Kanalseite die seit 1991 von Links-Autonomen besetzte Wagenburg Lohmühle ins Auge fällt. Kurz darauf erreicht ihr die Schlesische Straße, wo ihr als Zeitzeugen erleben könnt, wie schnell die angesagte Szene Berlins derzeit nach Osten wächst: Wo vor wenigen Jahren noch Leerstand und Gerümpel das Bild prägten, stehen heute jedes Wochenende Technofans vor populären Nachtclubs Schlange. Linkerhand geht es zurück Richtung Schlesisches Tor, hier im Restaurant- und Café-Viertel des bekannten Wrangelkiez’ biegt ihr noch einmal nach rechts ab und seid plötzlich wieder an der Spree und mit ihr der weltberühmten Oberbaumbrücke. Straßenmusiker*innen, Punks, Künstler*innen und Schmuckhändler sorgen hier für einen besonderen Flair. Mit Blick über den Fluss auf die Silhouette von Mitte zur einen sowie den übermenschlich großen Molecule Man auf der östlichen Seite radelt ihr die letzten Meter zurück nach Friedrichshain. Das rote Schild am Industriepalast Hostel seht ihr jetzt schon direkt vor euch, trotzdem solltet ihr hier nochmal eine kurze Pause einlegen und linkerhand der berühmte East Side Gallery einen Besuch abstatten: das längste original erhaltene Stück der Berliner Mauer ist seit 1990 mit einigen der berühmtesten Graffitis und Street-Art-Murals der Welt bedeckt – ein Must-See!

Lust bekommen? Fahrräder könnt ihr unkompliziert und günstig bei unserem Bike Rental im Industriepalast Hostel leihen. Die Routenbeschreibung drucken wir euch an der Rezeption gerne auch zum Mitnehmen aus – sprecht uns einfach an.

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